Der
gebürtige Albaner aus Nordmazedonien und Sohn eines Lehrer-Ehepaares aus
Tearcë, studierte zu Beginn seiner Karriere in Sarajevo, das er aber nach Ausbruch
des Balkankrieges fluchtartig verlassen musste. Ohne Deutschkenntnisse und
finanzielle Mittel gelangte er 1992 nach Düsseldorf. Nach Abschluss seines
Studiums in Mainz und seiner Habilitierung in Frankfurt wurde er als leitender
Arzt ans Triemli-Spital in Zürich berufen, dessen Herzchirurgie er jetzt
leitet. Dzemali ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Sein Hobby, nebst
einem guten Glas Wein, ist das Wandern – vor allem in den Schweizer Bergen.
Lieber Omer, anscheinend hast du dich schon sehr früh
entschieden, Arzt zu werden. Wieso?
Ich wuchs in einem kleinen Dorf auf, in dem es nur drei
Personen mit einem Auto gab. Meine Grossmutter hatte ein schwaches Herz und
jedesmal, wenn es ihr schlecht ging, war mein Vater verzweifelt auf der Suche
nach einem der drei Autobesitzer, um meine Oma ins Spital zu bringen. Als ich
neun Jahre alt war, starb sie mit gerade mal 63. Damals entstand der innige
Wunsch zu helfen, um zu verhindern, dass Familienmitglieder ihre Liebsten zu
früh verlieren.
Diesen Berufswunsch hast du also auch später verfolgt?
Genau! Glücklicherweise wurde ich hierbei von meinen Eltern
unterstützt, und so fing ich 1990 mein Medizinstudium in Sarajevo an, das ich
allerdings nach Ausbruch des Krieges abbrechen musste. Ich traf 1992 ohne
Deutschkenntnisse und ohne Geld in Düsseldorf ein. Innerhalb weniger Monate
lernte ich Deutsch und fand dank einem Cousin meines Vaters einen Studienplatz
in Mainz. Die Zeit war sehr arbeitsintensiv, da ich mir nebenbei mein Studium
verdiente. In Mainz riet mir mein Doktorvater, Professor Moritz Anton
Konerding, Herzchirurg zu werden. Es war ihm offensichtlich aufgefallen, dass
ich handwerklich sehr geschickt bin.
Deine Fähigkeiten als Herzchirurg sind geradezu legendär.
Diese Aufgabe erfordert also neben theoretischen Kenntnissen auch manuelle
Geschicklichkeit?
Unbedingt! Man muss sich vorstellen, dass ich beispielsweise
am schlagenden Herzen zwei bis drei Millimeter grosse Gefässe von Hand mit
einem Faden zusammennähen muss. Kürzlich traf ein 18-Jähriger bei uns im
Spital ein, der von einem Messerstich direkt ins Herz getroffen wurde. Wenn man
da nicht äusserst schnell und geschickt operiert, stirbt der Patient sofort.
Unerlässlich ist zudem eine gute Kondition: Eine Herzoperation kann ohne
weiteres sechs bis acht Stunden dauern.
Kannst du deine Herzoperationen zurzeit wie gewohnt
durchführen?
Nein, leider nicht. Momentan ist nur die Hälfte der
Herzoperationen möglich, da unsere Intensivstation durch Covid-Patienten stark
in Beschlag genommen wird. Das sind auf unserer Station derzeit notabene alles
Ungeimpfte. Im Gegensatz zu normalen Patienten belegen Covid-Patienten die
Intensivstation unglaublich viel länger, nämlich bis zu zwei Monate gegenüber
rund zwei Tagen bei normalen Herzpatienten. Ich habe deshalb absolut kein
Verständnis für Impfverweigerer, da sie sich diesen lebensgefährlichen Aufenthalt
durch eine Impfung hätten ersparen können. Die Auslegung des Begriffs
‹Freiheit› ist gerade im Zusammenhang mit Covid teilweise völlig irrational.
Freiheit hat ja noch nie bedeutet, dass man einfach machen kann, was man will!
Was ist neben den fachlichen Eignungen wichtig, wenn man
Arzt werden möchte?
Ich lernte während meiner Karriere Ärzte kennen, die sich
nicht wirklich für das Wohl ihrer Patienten interessierten. Man sollte
Menschen sehr gerne haben und sich vor Augen führen, dass ärztliche Fehler
fatale Folgen haben, auch für die betroffenen Familienangehörigen. Absolut
unabdingbar ist deshalb für mich, dass wir wirklich alles unternehmen, um ein
für den Patienten optimales Ergebnis zu erzielen. Der Kontakt ist gleichfalls
zentral; es ist wichtig, Wünsche und Ängste zu verstehen und nach der Operation
eine gute Betreuung zu gewährleisten. Es gibt beispielsweise keinen Tag, an dem
ich nicht spätestens gegen Abend meine Patienten persönlich aufsuche.
Du hattest immer wieder Leute, die dich unterstützt haben?
Mehrfach geriet ich in Situationen – wie beispielsweise bei
der Ankunft in Deutschland – die hoffnungslos schienen. Ich hatte das Glück,
wiederholt auf Leute zu treffen, die mich unterstützt und gefördert haben. Das
vergisst man nicht. Einer meiner Förderer, den ich sehr schätzte, ist leider
gerade kürzlich verstorben: Professor Andreas Zollinger. Ihm war die Sache
wichtig – Eitelkeiten und Rivalitäten im Team waren ihm ein absoluter Greuel.
Du hast grosse Freude an einem Glas Wein. Welche Sorten und
Regionen bevorzugst du?
Ich schätze Cabernet-Weine sehr, zum Beispiel Podere Forte.
Die Toskaner waren übrigens auch meine ersten Weine, die ich entdeckte. Wie du
kürzlich auf Freudental festgestellt hast, liebe ich aber auch Dessertweine.
Dank dir habe ich jetzt ausserdem den Zugang zu den französischen Gewächsen
gefunden. Kurzum: Wein ist für mich ein grandioses Getränk, das man gemeinsam
mit Freunden geniessen kann und unser Herz öffnet.
Hast du uns noch einen Ratschlag, wie wir die Gesundheit
unseres Herzens zusätzlich fördern können?
Ganz einfach: Viel Bewegung! Ideal ist Wandern und da sind
wir ja in der Schweiz in einem wahren Paradies.