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Philipp Schwander in den Medien
Interview mit Philipp Schwander im Falstaff, Dez-Feb 2024
«Ich habe noch viele Projekte im Kopf» Philipp Schwander gehört seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten Weinhändlern der Schweiz. In diesem Jahr feiert seine Weinhandlung «Selection Schwander» ihr 20-jähriges Jubiläum.
Falstaff hat mit dem ersten Master of Wine des Landes über
den Schweizer Weinhandel, dessen Entwicklung und Herausforderungen gesprochen.
FALSTAFF Herr Schwander, Ihr Weinhandelsunternehmen
Selection Schwander feiert in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen. Was wäre für
Sie die Alternative zum Einstieg in den Weinhandel gewesen?
PHILIPP SCHWANDER Ich habe Betriebswirtschaft studiert, da
wäre eigentlich ein Job in einem Treuhandbüro oder als Finanzchef eines KMU auf
der Hand gelegen. Sogar Controller hätte ich werden können, eine schreckliche
Vorstellung für mich.
Wie hat sich der Schweizer Weinmarkt in den letzten 20
Jahren in Ihren Augen entwickelt?
2003 gab es rund 2500 Weinhändler, heute sind es über 4000
Anbieter. Der Pro-KopfKonsum betrug damals 47 Liter, heute liegt er bei 32
Litern. Einerseits ist der Weinhandel zum Modeberuf geworden, der etliche
Idealisten anzieht, die dann ihr böses Erwachen erleben, andererseits zeigen
die Zahlen auch deutlich auf, dass der Wettbewerb viel, viel härter geworden ist.
Was sind heute die grössten Herausforderungen für
Weinhändler?
Ab einer bestimmten Grösse wird es immer schwieriger, neue
Kunden zu akquirieren. Weil es so unglaublich viele Weinhandlungen gibt, kostet
es auch zunehmend Mühe und Arbeit, sich Gehör zu verschaffen und nicht einfach
in der Flut der zahlreichen Anbieter unterzugehen. Das Geschäft ist ausserdem
zusehends schnellebiger geworden – es gibt Hypes, bei denen Weine hochgejubelt
werden, die völlig überzahlt oder sogar fehlerhaft sind.
Welche Trends beobachten Sie in der Weinwelt?
Eine häufig gestellte Frage, die oft dahingehend falsch
beantwortet wird, dass Naturweine, alkoholfreie oder aus pilzwiderstandsfähigen
Sorten gekelterte Weine, vegane oder in Amphoren ausgebaute Gewächse die
wichtigsten Trends seien. Das sind sicher interessante und wachsende Nischen,
ihr Anteil am Gesamtmarkt ist aber verschwindend klein. Mengenmässig viel
bedeutender sind Markenweine von Grosskonzernen im internationalen Stil, die
aus den zumeist gleichen, weltweit angepflanzten Rebsorten wie Chardonnay,
Merlot und Cabernet gewonnen werden. Ein weiterer, leider sehr unerfreulicher
Trend sind Rotweine mit zugesetztem Zucker. In Apulien werden teilweise bis
30 Gramm pro Liter hinzugefügt, das ist eigentlich schon fast Limonade.
Bis jetzt muss dieser Zuckerzusatz nicht deklariert werden, was ich skandalös
finde. Ein anderer Trend sind helle Roséweine im Provence-Stil. So haben LVMH und
andere Konzerne hier bereits kräftig investiert. Mit diesen oft belanglosen
Weinen in modischen Flaschen lässt sich im Moment Geld wie Heu verdienen.
Wie Sie erwähnt haben, ist die Konkurrenz im Weinhandel
heute äusserst gross. Was braucht es, um in diesem Geschäft nachhaltig
erfolgreich zu bleiben?
Qualität, Qualität und nochmals Qualität. Dies erachte ich
als absolut zentral. Natürlich ist smartes Marketing wichtig. Aber was hilft
es, wenn der Wein nicht schmeckt? Letztlich ist eine Weinhandlung wie ein
Restaurant: Wenn der Service stimmt, das Essen und der Preis gut sind, läuft
der Laden. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, bleiben die Gäste aus.
Zum Erfolgskonzept der «Selection Schwander» gehören unter
anderem gemeinsam mit den Winzern entwickelte Sonderabfüllungen. Seit ein paar
Jahren sind Sie selbst auch als Winzer aktiv und produzieren im Priorat den
Ausnahmewein Sobre Todo. Wie fliessen Ihre Erkenntnisse aus diesem Projekt in
die Zusammenarbeit mit den Winzern ein?
Seit ich meinen eigenen Rebberg habe, ist die Demut noch
einmal gewachsen. Hier lernte ich, dass eine fixe Vorstellung, wie der Wein zu
sein hat, in die Irre führen kann. Passt man sich nicht der Natur des
Weinberges an, wird der Wein bestenfalls gut, nie aber ausgezeichnet.
Herauszufinden, was das Richtige für einen Rebberg ist, erachte ich als grosse
Herausforderung. Wichtig ist bei einer Spezialfüllung auch, dem Winzer anhand
von Beispielen zu zeigen, was man sich wünscht. Wie der Winzer zu diesem Ergebnis
kommt, sollte man ihm überlassen.
Die Weine, die Sie gemeinsam mit den Winzern entwickeln,
sind preislich äusserst attraktiv. Wie viel sollte eine gute Flasche Wein ihrer
Ansicht nach kosten?
Das hängt vom Anspruch ab. Bei den Rotweinen bewirkt ein
Fassausbau häufig eine deutliche Verbesserung der Qualität. Das heisst, ein
Verkaufspreis unter 13 Franken ist da kaum mehr realistisch. Grundsätzlich bin
ich der Meinung, dass es möglich sein sollte, einen sehr guten Wein – weiss
oder rot – zwischen 16 und 20 Franken zu bekommen.
Sie sind nicht nur Weinhändler, sondern besitzen auch ein
kleines Barockschloss unweit des Bodensees, dem Sie zu neuem Glanz verholfen
haben. Gibt es andere Projekte, die Sie in Zukunft gerne noch angehen möchten?
Ich habe noch viele Projekte im Kopf. Ob ich sie je
verwirklichen kann, steht selbstverständlich in den Sternen geschrieben. Eines
war beispielsweise das Weinmesser mit Victorinox, das glücklicherweise auf eine
sehr grosse Nachfrage stiess. Zwei weitere kleine Beispiele: Als Freund
hochwertiger Armbanduhren schwebt mir eine sogenannte «Weinuhr» vor. Es gibt
Taucher-, Segler- und Fliegeruhren, wieso nicht auch eine Weinuhr? Sie müsste
aber handwerklich sehr hochwertig und optisch eine Augenweide sein, gewissermassen
ein Schmuckstück für den weingeniessenden Gentleman. Als Sammler von
Druckgrafiken möchte ich eine Ausstellung mit Werken von wichtigen Künstlern ab
dem Jahr 1450 bis in die heutige Zeit machen. Daran arbeite ich.
***
PHILIPP SCHWANDER
Im Jahr 1996 bestand Philipp Schwander als erster Schweizer in der Geschichte
die sagenumwobene Prüfung zum «Master of Wine». Seine eigene Weinhandlung
«Selection Schwander», die er im Jahr 2003 gründete, zählt heute zu den
wichtigsten Weinimporteuren der gesamten Schweiz. Zuvor war er unter anderem
zwölf Jahre lang für den Weineinkauf bei Martel verantwortlich.
selection-schwander.ch