Wir fahren auf der Autobahn von der Toskana in Richtung
Padua, als uns ein Polizeifahrzeug unmissverständlich auffordert, ihm zu folgen.
Nachdem der grimmige Beamte Fahrzeug- und Führerausweis detailliert geprüft und
zwei ausführliche Kontrollgänge um unser Auto gemacht hat, händigt er uns einen
Strafzettel über 50 Euro plus 2.85 Euro Gebühren aus, der sofort in bar zu
begleichen sei, da andernfalls weitere Gebühren drohten. Wir bezahlen umgehend und
fragen nach dem Grund der Busse: «Kein CH-Zeichen angebracht», bellt der
Beamte. Denn tatsächlich reicht das Landeswappen alleine schon lange nicht
mehr, aufgefallen ist es in den letzten zwanzig Jahren unserer Weinreisen
jedoch noch keinem einzigen EU-Polizisten. Die beinahe schon preussische
Gründlichkeit Norditaliens beeindruckt uns. Schliesslich gelangen wir aber doch
noch zur Villa Capodilista, wo uns Conte Giordano Emo Capodilista bereits
freudig erwartet.
Der umgängliche, äusserst charmante Giordano entstammt einer
der überaus noblen Gründerfamilien der Republik Venedig. Er zeigt uns sein
wunderschönes, im Jahr 1568 von einem Schüler Veroneses erbautes
Renaissance-Jagdschloss, das vielmehr ein imposanter Palazzo ist als eine Villa
und inmitten der DOC-Rotwein-Zone Colli Euganei in der Po-Ebene liegt. Giordano
erklärt: «Die Gegend begann vor über 150 Jahren und lange vor Bolgheri als erste
in Italien mit dem Anbau der Bordelaiser Rebsorten. Die Vulkan- und Kalkböden
der hauptsächlich westlich von Padua gelegenen Rebberge erbringen allerdings
schon seit der Römerzeit gesuchte Weine.»
Der 2019er war der erste von uns angebotene Villa
Capodilista, der jedoch schon nach sehr kurzer Zeit ausverkauft war. Nachdem
wir beim Jahrgang 2020 zu spät bestellt hatten, meldeten wir unser Interesse
für den 2021er frühzeitig an; zum Glück, denn gemäss Giordano ist es der beste
je produzierte Villa Capodilista. Dem können wir nur beipflichten: Dieser
grosse, auf Vulkangestein gewachsene Qualitätswein hebt sich durch seinen
ungemein eleganten und doch dichten, nuancierten
Charakter deutlich von den üblichen, einfacheren Bordeaux-Verschnitten ab.
Angesprochen auf den ungewöhnlich kurzen Korken, erwidert Giordano, dass die Länge
seit vielen Jahren unverändert sei und keinen Einfluss auf die Qualität habe.
Einem weltgewandten Grafen, dessen Weinberge seit über zwanzig Generationen im
Besitz derselben Familie sind und der so herausragende Gewächse produziert,
wagen wir selbstverständlich nicht zu widersprechen!