Meist begeben wir uns im Juni auf unsere Toskana-Reise, noch bevor im Juli und August die Touristenströme nicht nur die Strände, sondern auch die bekannten italienischen Weinbaugebiete bevölkern. Allerdings ist es hier auch in der Vorsaison oft schon schwül und drückend heiss; so auch letztes Jahr, als wir in der Locanda Fèlsina in Castelnuovo Berardenga eintreffen, wo uns Direktor Marco Barbi sowie Giovanni Poggiali, Spross einer erfolgreichen Reedereifamilie und Eigentümer der Weingüter Fèlsina und Pagliarese, empfangen.
Giovanni und Marco sind überaus sympathische, bescheidene und aufmerksame Gastgeber. Die Geschichte von Pagliarese und seinem Mutterweingut Fèlsina ist derart spannend, dass wir uns trotz der grossen Hitze gerne im Jeep durch die holprigen und staubigen Rebberge chauffieren lassen, um weitere Facetten dieses historisch bedeutenden Chianti-Weinguts kennenzulernen. Marco erklärt:
«Pagliarese gehörte einst einer adligen Sieneser Familie und war legendär für die Qualität seiner Weine. Das Gut umfasst insgesamt 65 Hektar, wovon 25 Hektar mit Reben bepflanzt sind. Zudem bewirtschaften wir über 1000 Olivenbäume, aus denen verschiedene hochwertige Olivenöle gewonnen werden. Wir werden sie euch zum Mittagessen servieren.»
Im kühlen Fasskeller probieren wir dann sämtliche Gewächse von beiden Weingütern, legen aber besonderes Augenmerk auf unsere Spezialfüllungen. Ausserordentlich gut gelungen ist der neue Jahr- gang des ‹Neroccio›, ein hochwertiger Sangiovese, der für uns mit
Cabernet Sauvignon, Merlot und Petit Verdot angereichert wurde. Giovanni und Marco schmunzeln noch heute darüber, wie wir 2017 miteinander die Idee eines bezahlbaren Toskaners diskutierten, der mit Sangiovese als Grundkomponente durch den Ver- schnitt mit Bordelaiser Traubensorten etwas kräftiger und runder gemacht werden könnte. Gemeinsam stellten wir schliesslich mit dem ‹Neroccio› eine Cuvée zusammen, die uns seither rundum überzeugt: Der Anteil von rund 50 Prozent Bordeaux-Rebsorten verleiht dem Wein Kraft und Noblesse und unterstreicht zugleich den einmaligen Charakter des Sangiovese. Der 2020er ist eleganter und verfeinerter als der Vorgängerjahrgang. Er bietet einen wohl unschlagbaren Gegenwert für seinen Preis und wird den Liebhaber toskanischer Weine mit Sicherheit begeistern!