Tenuta San Giorgio Pinot Grigio 2020

Loslassen schafft Raum für Neues: Vor kurzem trennte sich Mario Cordero nach dem Verkauf des familieneigenen Betriebes Vietti und den damit verbundenen Reibereien in der Verwandtschaft von dieser renommierten Piemonteser Domäne. Im lombardischen Oltrepò Pavese, einer weit weniger bekannten Weinregion, erwarb er 2019 für sich und seine Kinder das Anwesen San Giorgio in der Nähe von Pavia. Dieser Wechsel hat es in sich, und die ersten Weine sind bereits von einer erstaunlichen Güte!

Am Ruder ist hier, unterstützt von Caterina und Michela, Marios Sohn Lorenzo. Nach dem Önologie-Studium in Turin führten ihn seine Lehr- und Wanderjahre über Frankreich bis nach Neuseeland, wo er auf verschiedenen Weingütern seine Sporen abverdiente. Er sagt zwar, zuhause fühle er sich immer noch in Alba. Tatsächlich aber, so verrät uns seine Frau lächelnd, liebe er seinen lombardischen Wein so sehr, dass ihn stets die Wehmut ergreife, wenn wieder ein Lastwagen eine Ladung abholt.

Das Paradepferd des Weinguts ist unseres Erachtens der formidable Barbera Riserva, der auch im Piemont in der Oberliga mitspielen würde. Die klimatischen Bedingungen sind vergleichbar, der Rebberg mit Südwest-Lage bietet beste Verhältnisse. Wir nehmen diesen höchst erstaunlichen Wein, dessen im allerersten Jahrgang 2019 auf Anhieb erreichte Eleganz selbst die Familie überrascht, neu ins Sortiment auf. Er verbindet eine distinguierte Frucht mit Frische und wird von einer weiteren Lagerung noch deutlich profitieren. Bereits Bekanntschaft geschlossen hat unsere Kundschaft mit dem knackigen Pinot Grigio – der Antithese zur üblichen dicklichen Behäbigkeit dieser Sorte. Schlank und mit einem frischen Auftritt empfiehlt er sich als idealer Begleiter zum Apéritif oder zu leichten Antipasti.

Von den Vorzügen beider Gewächse überzeugen wir uns beim Mittagessen an der Tafel der Corderos: Die zwei aufgebotenen Köche des nahen Restaurants ‹Ad Astra› beweisen ihre Meisterschaft unter anderem etwa mit Fior-di-Latte-Glace an Timutpfeffer. Der Raum bietet einen wunderbaren Blick auf die Hügel von Santa Giuletta, die durch das Panoramafenster wie der gerahmte Hintergrund eines Renaissance-Porträts wirken. Das Gebet um Regen im staubtrockenen Sommer erhört an diesem wolkigen Tag allerdings auch San Giorgio nicht, der samt Drachen auf den Flaschenetiketten präsent ist. Warum das Gut ausgerechnet nach dem Schutzpatron von Genua benannt ist, weiss zwar niemand am Tisch schlüssig zu erklären. Aber der heilige Georg scheint den Betrieb zweifellos unter einen glücklichen Stern gestellt zu haben.